Momentaufnahmen auf atomarer Ebene: Neue Bildgebung steigert die Sensitivität

10.02.2025 von

Mithilfe von Röntgenpulsen im Attosekunden-Bereich konnten Wissenschaftler*innen die Helligkeit und Auflösung von Aufnahmen ultraschneller Prozesse in ihrer natürlichen Umgebung erhöhen.

Illustration der durch das Experiment veränderten Streuung von Atomen. Zusätzlich zur natürlich vorhandenen Streuung (gelbe Strahlen) verändert sich durch den Verlust eines Elektrons (blaue Kugel) die Wellenfunktion innerhalb eines Atoms, was schließlich zu einer verstärkten Streuung (blaue Strahlen) führt.

Die Untersuchung von Materie mit Hilfe von Röntgenpulsen ermöglicht unter anderem die Strukturanalyse im Nanometerbereich. Immer stärkere Röntgenpulse haben die Auflösung dieser Technik so weit gesteigert, dass die Probe noch während des Pulses zerstört wird. Das stellte bisher eine fundamentale Beschränkung der erreichbaren Auflösung dar und könnte sich jetzt ändern. Eine neue Studie in Nature Communications zeigt, dass die Dauer – oder eher die Kürze – der Röntgenpulse einen entscheidenden Unterschied macht.

Einem internationalen Forschungsteam ist es mit dem Freie-Elektronen-Laser (FEL) am SLAC National Laboratory in Kalifornien gelungen, Pulse im Attosekunden-Bereich zu erzeugen. Eine Attosekunde ist eine extrem kurze Zeiteinheit – das Milliardstel einer Milliardstel Sekunde. Zum Vergleich: In einer Sekunde gibt es mehr Attosekunden als Sekunden seit dem Urknall. Erstautor Stephan Kuschel, seit 2023 Professor für Laborastrophysik an der TU Darmstadt, erläutert: „Diese winzigen Zeitskalen sind entscheidend, um die Bewegung von Elektronen sichtbar zu machen, die in unglaublicher Geschwindigkeit abläuft. Röntgenpulse, wie wir sie einsetzen, sind ultrakurze Lichtblitze im Röntgenbereich des elektromagnetischen Spektrums. Sie haben extrem kurze Wellenlängen, die Elektronen durch Ionisation aus den untersuchten Atomen lösen. Das ermöglicht es uns, sehr kleine Strukturen wie etwa Nanopartikel zu erforschen.“

Bildqualität deutlich erhöht

Normalerweise führt die Ionisation dazu, dass Elektronen verloren gehen und die Streuungseffizienz abnimmt, das sogenannte „Bleaching“. Der Schlüssel liegt in flüchtigen Resonanzen, die die Streuung verstärken, indem sie extrem kurzlebige angeregte Zustände erzeugen. Durch die Kombination dieser Resonanzen mit Pulsen im Attosekunden-Bereich konnten die Forschenden die Ionisationsprozesse kurzzeitig ausnutzen und die Streuung um das bis zu Zehnfache verstärken. „Dadurch wurde die Bildqualität deutlich erhöht“, sagt Kuschel, „sowohl die räumliche Auflösung als auch die Helligkeit haben sich maßgeblich verbessert.“

Die Aufnahmen versetzten die Wissenschaftler*innen selbst ins Staunen, so unerwartet stark waren die Signale bei den Experimenten am FEL. Doch strenge Qualitätskontrollen und unabhängig durchgeführte Simulationen bestätigten die Messungen. Stephan Kuschel zeigt sich erfreut: „Dieser Ansatz eröffnet neue Möglichkeiten, ultraschnelle Prozesse wie inneratomare Vorgänge zu beobachten und nutzbar zu machen. Davon profitieren auch die Untersuchung von chemischen Reaktionen und Phasenübergängen in bisher unerreichter räumlicher und zeitlicher Auflösung. Die neue Technik bietet nicht nur enorme Potenziale für die Grundlagenforschung, sondern auch für Anwendungen in Materialwissenschaften und Nanotechnologie.“