Arbeitsgruppe Joachim Enders
Technische Kernphysik

Forschungs- und Entwicklungsarbeiten am GSI-Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung und der zukünftigen Forschungseinrichtung FAIR

Am GSI-Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt-Wixhausen entsteht zurzeit ein äußerst leistungsfähiger Ionenbeschleuniger für Experimente zur Kern-, Hadronen- und Atomphysik. Die NuSTAR-Kollaboration untersucht hierbei kurzlebige, künstlich erzeugte Atomkerne, die nur mit den noch intensiveren und energiereicheren Schwerionenstrahlen erzeugt werden können. Zentrales Arbeitsgerät wird hierbei der Supraleitende Fragmentseparator (Super-FRS) sein, der von einer internationalen Kollaboration für Experimente genutzt werden soll. Der existierende Fragmentseparator FRS des GSI-Helmholtzzentrums nutzen wir bis zur Fertigstellung von FAIR für Tests und vorbereitende Experimente („FAIR Phase 0“). Kernphysikalische Fragestellungen, die in unserer Gruppe bearbeitet werden sollen, betreffen unter anderem die Einteilchenstruktur radioaktiver Kerne, die Grenzen der Stabilität von Atomkernen und Kernspaltung

Abbildung: Schematische Darstellung der Steuerung von Komponenten der Beschleunigeranlage an GSI und FAIR mit der LHC Software Architecture LSA.
Abbildung: Schematische Darstellung der Steuerung von Komponenten der Beschleunigeranlage an GSI und FAIR mit der LHC Software Architecture LSA.

Damit solche Experimente möglich gemacht werden, wird nicht nur hochmoderne Hardware in Form von Detektoren und Experimentierplätzen, Strom- und Spannungsversorgung, Kryogenik, Vakuumtechnik und Steuermodulen benötigt, sondern es muss auch ein effizientes Kontrollsystem entwickelt werden, was eine einheitliche Umgebung für GSI und FAIR zur Verfügung stellt. Ziel ist auch, dass an GSI/FAIR mehrere Experimente quasi parallel betrieben werden können.

Hierfür wird das vom CERN entwickelt Framework LSA (LHC Software Architecture) verwendet und an die Herausforderungen des GSI Helmholtzzentrums und FAIR angepasst, um die Datenversorgung der Hardware zu gewährleisten. Herausforderungen, die sich hierbei ergeben, sind unter anderem das Design von Datenbanken, die Entwicklung von Applikationen, die Modellierung von Maschinen, wie Beschleunigern (SIS18) oder dem FRS. Ziel ist es dabei ein System zu entwickeln, dass für Operateure einfach und intuitiv zu bedienen ist, zugleich für Experten alle individuellen Einstellungsmöglichkeiten offen lässt. Bis zum Start der FAIR Phase-0 Ende 2018 soll das System soweit fortgeschritten sein, dass ein reibungsloser Ablauf aller Experimente möglich ist. Um dieses Ziel zu realisieren werden regelmäßig Testläufe durchgeführt, um das Kontrollsystem unter realen Bedingungen ohne Strahl zu testen, mögliche auftretende Fehler zu beseitigen und eventuelle fehlende Funktionalitäten zu ergänzen.

Das Bild zeigt die Struktur der neuen Steuerung, die speziell für den (Super-)FRS angepasst wird: Das Kontrollsystem besitzt eine Client-Server-Architektur, bei der die verschiedenen Anwendungen mit dem LSA-Server kommunizieren. Das zentrale LSA CORE verbindet die Anforderungen der Anwendungen mit einer Datenbank gespeicherter Werte und Geräte einerseits und den Geräten selbst. Eine Herausforderung bei der Implementierung von LSA für den FRS besteht in der Berücksichtigung von Materie im Strahl.

Abbildung: Arbeitsbereiche von IC, SEETRAM, Diamant Detektoren und Plastik Szintillatoren in Abhängigkeit von Rate und Ladung des Teilchenstrahls. Entnommen aus: Lecture Notes on Beam Instrumentation and Diagnostics, Peter Forck, GSI, Darmstadt.
Abbildung: Arbeitsbereiche von IC, SEETRAM, Diamant Detektoren und Plastik Szintillatoren in Abhängigkeit von Rate und Ladung des Teilchenstrahls. Entnommen aus: Lecture Notes on Beam Instrumentation and Diagnostics, Peter Forck, GSI, Darmstadt.

Die Intensität, welche vom Ringbeschleuniger SIS100 ausgeht wird bis zu 100 mal höher sein als vom bisherigen Beschleuniger SIS18. Intensitäten von bis zu 3*1011 238U/spill bei Energien von 1.5 GeV/nucl. werden im Target-Bereich des Super-FRS erwartet. Diese hohen Strahlintensitäten und Energien stellen aufgrund der hohen Strahlenbelastung in und nahe des Target Bereiches eine besondere Herausforderung an Detektoren und Ausleseelektronik dar. Um die Intensität dieser Strahlen messen und die erzeugten exotischen Kerne identifizieren zu können, arbeiten wir mit Kollaborationspartnern im In- und Ausland an geeigneten Detektorsystemen. Für die Messung der Strahlintensität im Targetbereich und nach dem Pre-Separator – an dessen Position immer noch bis zu 109 Ionen/spill erwartet werden – wird ein 3 stufiger Monitor entwickelt, eine Particle Detector Combination (PDC).

Diese Kombination wird aus Diamant-Detektoren für niedrige Intensitäten, Ionisationskammern (IC) für mittlere Intensitäten und Sekundär-Elektronen-Emissions-Monitore (SEETRAM) für hohe Intensitäten bestehen. An jeder Position entlang des Super-FRS, an welcher eine PDC platziert wird, ist eine geeignete Kombination dieser Detektoren erforderlich um eine gegenseitige Kalibration zu ermöglichen, ausgehend von den Diamanten als absolute Intensitätsreferenz. Bisher wurden mehrere Testexperimente durchgeführt um die Strahlungsresistenz und Effizienz der Diamant-Detektoren zu überprüfen und die Prototypen eines neuen IC Designs, entwickelt für FAIR, und eines SEETRAM, bestehend aus Aluminiumfolien, zu testen. Die Ergebnisse zeigten, dass sämtliche getestete Detektoren für den Betrieb im Super-FRS geeignet sind.

Kollaborationspartner

Förderung

  • Das BMBF fördert Forschungsaktivitäten innerhalb der internationalen NUSTAR Kollaboration, die in direktem Zusammenhang mit der an der GSI entstehenden FAIR Anlage stehen, welche derzeit bei Darmstadt entsteht. Dies beinhaltet auch zahlreiche Projekte an anderen Forschungseinrichtungen, an denen experimentelle Techniken und Technologie, die später an FAIR zum Einsatz kommen sollen, entwickelt werden. Hierbei haben Forschergruppen der TU Darmstadt führende Rollen in zahlreichen FAIR relevanten Projekten. So werden z.B. vorbereitende Experimente der R3B und HISPEC/DESPEC Kollaborationen derzeit an der japanischen Großforschungsanlage RIKEN-RIBF in Tokio durchgeführt. Die Bedingungen hier sind sehr ähnlich zu den an FAIR erwarteten, wo die Grenzen der untersuchbaren Atomkerne nochmals erweitert werden.

  • Bestehender Kooperationsvertrag zwischen der Technischen Universität Darmstadt und der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH.

L. Atar et al., Quasifree (p, 2p) Reactions on Oxygen Isotopes: Observation of Isospin Independence of the Reduced Single-Particle Strength, Phys. Rev. Lett. 120, 052501 (2018)

J. P. Hucka et al., Implementation and test of a setting generator for the GSI fragment separator FRS in the LHC Software Architecture LSA, GSI Scientific Report 2016, p. 458 (2017)

S. Schlemme et al., Calibration of an ionization chamber with diamond detector, GSI Scientific Report 2015, p. 369 (2016)